Kenia – Viel gesehen und eine große Entscheidung

Viel zu sehen in Kenia

03.11.2022 von Meiky

Zack: über die nordöstliche Grenze von Uganda nach Kenia beim Mount Elgon. Ging fast genauso schnell, wie eben beschrieben. Nach dem Foreign „Mystery“ Vehicle Permit wurden wir nicht gefragt, also zahlten wir auch nichts! Die unzähligen grünen Landschaften in Uganda hatten uns so sehr gefallen, dass wir in Kenia sogleich den nächsten Urwald, den Kakamega Forest, aufsuchten.

Die nächsten Ziele, Eldoret und Ite, lagen dann wieder etwas weiter nördlich. Aus Eldoret stammen die Kenianischen Marathon Stars und ihre Trainingsstätte ist nur 25 Kilometer entfernt. Der Ort liegt auf etwa 2400 Metern auf einem Hochplateau und wird auch „Home of Champions“ genannt. Häufig soll man hier die zahlreichen Athleten in den Städten trainieren sehen. Offenbar war keiner unterwegs als wir vor Ort waren. Die Straßen waren leergefegt. Wir suchten uns ein Restaurant zum Mittagessen und zu unserem Erstaunen hielt sich hier das halbe Dorf auf. Die kleine Dorfkneipe mit zwei großen TV-Geräten war bis unter das Dach gefüllt, da gerade ein Marathon LIVE übertragen wurde. Klar, da bleibt natürlich keiner auf der Straße. Eine schöne Gelegenheit, eine Kleinigkeit im Stehen zu essen und die Einheimischen zu beobachten, wie sie ihre Teamkollegen, Freunde und Bekannte auf den Bildschirmen anfeuerten.

Ein See schöner als der andere

Mit sagenhaftem Ausblick über das Rift Valley ging es weiter zum Lake Baringo. Die weltweiten Klimaveränderung zeigt sich auch hier. Noch vor zwei Jahren waren Freunde im Roberts Camp, direkt am See. Jetzt steht das Wasser an dieser Stelle zwei Meter hoch. Der Wasserspiegel steigt von Jahr zu Jahr drastisch an. 400 Kilometer weiter nördlich fällt jedoch schon seit Jahren kein Tropfen Regen mehr. Dass der Wasserpegel steigt, liegt auch an der Verschiebung der Kontinentalplatten im Ostafrikanischere Grabenbruch, der in Kenia einige UNSECO Seen beheimatet. Am nächsten Morgen kurz vor Sonnenaufgang saßen wir schon in einem kleinen Fischerboot, wir wollten Vögel beobachten, denn hier wurden in 24 Stunden schon einmal etwa 430 Vogelarten gezählt: Weltrekord. Wir sahen Weißkopf Seeadler, die direkt vor uns Fische aus dem Wasser zogen. Allerdings müssen wir gestehen, dass unser Bootführer von einem einheimischen Fischer zwei Fische bekam, diese aufschnitt und mit Balsaholz so präparierte, dass der Fisch auf der Wasseroberfläche schwamm. Seeadler am Ufer gesichtet, Fisch ins Wasser geworfen, Seeadler fliegt sofort los, schnell ein Foto, Seeadler wieder weg. Aber trotzdem sehr schön zu beobachten und das gleich zwei Mal.

Einige Kilometer weiter Richtung Nairobi machten wir Halt am Lake Elmenteita, wo sich tausende Flamingos, je nach Saison, sehen lassen. Allerdings gingen wir nicht so nah an sie ran, da wir die riesigen Vogelansammlungen nicht stören wollten. Auch am Lake Naivasha lassen sich viele Vögel beobachten, und man kann an einer Stelle, direkt am See, mit Giraffen, Antilopen und Zebras spazieren gehen. Es ist immer wieder schön auch ohne Auto auf Tierbeobachtungsreise zu gehen. Auf Safari fühle ich mich manchmal wie in einer Sardinendose. Gleiches gilt auch für den Hellsgate Nationalpark, den einzigen Park in dem man mit dem Fahrrad auf Entdeckungstour gehen darf. Lautlos, nur der knirschende Kies unter den Reifen, geht es vorbei an riesigen Büffeln, die direkt am Wegesrand grasen. Im Nationalpark kann dazu die sehenswerte Hellsgate-Schlucht besichtigt werden. Also Rad abstellen und nichts wie los. Doch nur einen Augenblick später wurden wir barsch zurückgerufen. Man teilte uns mit, dass man einen Guide benötigt, der 30,- USD kostet.

Nach einer längeren Diskussion, dass wir keinen Guide möchten, ein solcher auch nicht verpflichtend sei, und wir zudem auch schlau genug wären (im Gegensatz zur Meinung der Einheimischen), den Weg selbst zu finden. Zudem ist der Parkeintritt schon teuer genug, sodass man einfach keine Lust mehr hat, zusätzlich noch einen weiteren, teuren Guide zu beauftragen, und das obwohl man gar keinen will. Auch wollen wir uns in einem Land frei bewegen können. Man kann beispielsweise doch auch die Alpen im Alleingang überqueren. Verlaufe ich mich, frisst mich ein Bär oder stürze ich ab, geht das eben auf meine eigene Kappe. Aber diese Eigenverantwortung ist in Afrika stellenwiese undenkbar. 30 Minuten später durften wir alleine gehen, ohne Guide. Wir bedankten uns und fuhren wieder weg, ohne den Canyon zu sehen. Wir sind müde und sind es leid ein jedes Mal zu diskutieren und als dummer Muzungu abgestempelt zu werden, dem man jeden Mist und alles überteuert andrehen kann.

Nach einer Woche setzten wir unsere Reise fort: In den Norden zum Mount Kenia, dem zweithöchsten Berg mit 5200 Metern. Vom Campingplatz der Forest Castle Lodge kann man Wanderungen unternehmen, unter anderem zu einem Wasserfall. Ein Guide wird auch hier empfohlen, wegen der wilden Elefanten und damit man sich nicht verläuft. Morgens ging es los und siehe da, ich habe den Wasserfall gefunden und bin sogar wieder lebend zurückgekommen, sensationell. Ich folgte einfach dem Weg für ein paar Kilometer, an der einzigen Abzweigung dem ausgetreten Pfad nach links folgend, nochmal ein bis zwei Kilometer und schon war ich da. (-0.34385, 37.31475 das sind die Koordinaten der einzigen Weggabelung). Zur Not kann man auch die zahlreichen Waldarbeiter befragen, die den Wald mit Primärgewächsen teilweise wieder aufforsten. An der Gabelung rechts kann man nochmal zwei Kilometer weiter zu einer alten Bergstation gehen. Die kleinen eingewachsenen Hütten sind ein schönes Fotomotiv. Dauer etwa 4-5 Stunden inkl. Wasserfall. Auch kleinere Wasserfälle sind direkt an der Castle Forest Lodge.

Während unserer Umrundung des Mount Kenia besuchten wir noch ein Animal Orphanage und legten einen Stopp im Aberdare Nationalpark ein. Dieser Park ist anders als alle anderen Nationalparks in Kenia. Auch hier lassen sich Tiere beobachten, aber im Vordergrund steht die abwechslungsreiche Landschaft in einer Höhe von 3000 Metern. Wir sahen Bongos, eine von zahlreichen Antilopen Arten in Afrika, die aber nur im Aberdare Forst beheimatet sind. Wir nutzten den Ausgang im Westen des Parks und machten erneut Halt beim Lake Naivasha. Von dort fuhren wir die 600 Kilometer in zwei Tagen zum Indischen Ozean. Auf halber Strecke bietet sich ein Sikh Temel ideal zum Übernachten an. Auf dem Parkplatz darf man kostenfrei übernachten und bekommt den ganzen Tag etwas zu essen. Es wird einem sogar ein kostenfreies Zimmer angeboten. Toll, hier fühlten wir uns sehr wohl und das vegetarische Essen war fantastisch. Ein Grund mehr, um einmal Pakistan und Indien zu bereisen.

Am Strand angekommen, packten wir erneut den Landy und fuhren nach Mombasa zum Hafen. Dort wartete ein Container auf uns, bzw. wir warteten eher auf ihn und dann fuhren wir den Landy hinein. Hier endet unsere Reise durch Afrika mit unserem rollenden Zuhause!

Große Entscheidung

Eigentlich stand unsere Entscheidung bereits mit der Einreise nach Kenia fest: hier werden wir unsere Langzeitreise auf dem Afrikanischen Kontinent beenden. 2021 bei Abfahrt hatten wir ursprünglich geplant, die gesamte Afrikanische Ostküste nach Südafrika zu fahren. Der Krieg in Tigray, im Norden von Äthiopien, machte uns letztendlich einen Strich durch die Rechnung, da die einzige Grenze im Norden des Landes zu Sudan geschlossen war. Eine Umfahrung durch den Südsudan ist ausgeschlossen. Im März 2022 öffnete sich mit dem Waffenstillstand die Grenze wieder und blieb bisher auch weiterhin geöffnet, obwohl der Bürgerkrieg seit August wieder neu entflammt ist.

 

Wir mussten uns aber entscheiden: Wollen wir am Rand eines Kriegsgebietes vorbeifahren oder lieber nicht? In der Regel fahren wir drauf los und erfragen die Situationen vor Ort, um dann besser entscheiden zu können. Doch das Bauchgefühl sagte dennoch „NEIN“ und unsere Erfahrungen zeigen auch, dass uns unser Bauchgefühl bis jetzt nie im Stich gelassen hat. Die Entscheidung fiel -> Wir fahren nicht! Micha war sehr froh über diese Entscheidung, ich habe ein paar Tage gebraucht, um es zu akzeptieren. Noch in Nairobi waren wir die Einzigen, die uns gegen den Transit durch Äthiopien entschieden hatten. Alle anderen wollten die Herausforderung annehmen. Vielleicht gehört es in Afrika dazu durch Länder zu transiten, ohne großartig etwas zu sehen? Vielleicht gehört es in Afrika dazu Kriegsgebiete zu befahren oder vielleicht sind wir einfach nur zu weich und nicht abenteuerlustig genug für Afrika? Doch man muss nicht alles im Leben machen oder gemacht haben, schon gar nicht wenn es potentiell gefährlich werden kann. Am Kriegsgebiet vorbei? Irgendwo gibt es halt auch einen Punkt. Man muss sich auch wohlfühlen im Land, das man besichtigt. Und warum soll man ein Land besuchen, wenn man die Dinge, die man ursprünglich sehen wollte erst gar nicht besichtigen kann?

Gerade Äthiopiens Norden ist sehr spannend und bietet sehr viele Sehenswürdigkeiten, die man in diesen Zeiten definitiv auslassen muss.Für uns kam noch hinzu, dass sich die Lage in der Tigray Region weiter zuspitzte, da der Waffenstillstand im August gebrochen wurde. Wer die Medien aufmerksam verfolgt weiß auch, dass die Randgebiete, durch die man sich bewegen muss, ebenfalls betroffen sind oder waren. Aber es dringen einfach sehr wenige gesicherte Informationen nach Außen, um sich eine 100%ige Meinung über die Situation zu bilden. Von Nairobi hätten wir bis nach Gondar auf dem direkten Weg über 2200 Kilometer zurücklegen müssen, um vor Ort zu erfahren, wie sich die Sicherheitslage auf dem weiteren Weg zur Grenze gestaltet. Dieser Weg war uns auch zu lang und die Lage im Norden ist einfach zu volatil.

Eine Zeit lang war auch die Visaeinholung für den Sudan nicht ganz einfach, manch einer verbrachte drei Wochen in Addis Abeba, um sein Visum zu erhalten. Dies lag an einer Änderung. Ein Visum für den Sudan erhält man an der Ostküste nur in Ägypten oder Äthiopien. Auf der Arabischen Halbinsel ist die Visaeinholung gar nicht möglich. Wir wissen von einigen Reisenden, dass sie extra nach Ägypten geflogen sind, um ein Visum zu kommen. Man benötigt zusätzlich seit Oktober eine Genehmigung aus dem Sudan. Diese kann ein Agent innerhalb einer Woche einholen und per Email zusenden. Er möchte für seine Leistung 150,- USD und dann kommen nochmal weitere 100,- USD für das Visum selbst hinzu. Dafür erhält man aber das Sudan Visum an der Botschaft in Addis noch am selben Tag. Die Visaeinholung für Äthiopien ist vergleichsweise einfach: online gegen 50,--USD.

 

Wir steuerten also die Verschiffung in die Vereinigte Arabische Emirate an und nur zwei Wochen später bestätigte sich unsere Entscheidung mit einer Nachricht: „Gesetzesänderung in Äthiopien, Carnet de Passage besitzt keine Gültigkeit mehr“. Bei Einreise wird nun der Wert des Fahrzeuges geschätzt und es muss mit 50% versteuert werden bzw. als Kaution hinterlegt werden. Die Schätzpreise sind Fantasiepreise und überschreiten bei Weitem den eigentlichen Fahrzeugwert. Gehen wir mal davon aus, dass unser Fahrzeug auf 20.000,- USD geschätzt würde, dann müssten wir bei Einreise 10.000,- USD hinterlegen. Laut Zoll bekommt man das hinterlegte Geld wieder nach Ausreise, oder auch erst wenn man wieder in Europa ist, oder vielleicht auch gar nicht, das ist noch nicht geklärt. Selbst wenn man das Geld bei Ausreise wieder bekäme, behält sich die Regierung vermutlich die harte Währung ein und man erhält wahrscheinlich in zwei randvoll gefüllten Plastiktüten den Betrag in Birr. Theoretisch darf man aber so eine hohe Summe gar nicht ausführen und zusätzlich bekäme man diese Summe in den Nachbarländern auch gar nicht gewechselt ohne starke Verluste hinnehmen zu müssen. Somit wird Äthiopien unbezahlbar und der Weg entlang der Ostküste Afrikas bleibt den Selbstfahrern verwehrt. Einige hatten die Theorie, dass der Regierungschef und Friedensnobelpreisträger so versucht an Geld zu kommen, um weiterhin den Krieg zu finanzieren…

 

Wie dem auch sei: Mit unserer Entscheidung waren wir die ersten, die auf Grund der neuen Zollbeschränkungen in Äthiopien, auf die Arabische Halbinsel verschiffen. Viele andere Overlander sind derzeit auf der Arabischen Halbinsel und werden ebenfalls von der VAE oder dem Oman nach Afrika verschiffen müssen.

 

Manchmal bekommt man das Gefühl, dass sich viele Reisende über die hiesigen Situationen gar nicht erst erkundigen oder diese bewusst ausblenden. In der Theorie können Regierungen in Kriegszeiten Fahrzeuge beschlagnahmen und selber nutzen. Manche Reisende, die während der Gesetzesänderung in Äthiopien waren, wollten trotzdem nach Dschibuti ausreisen. In Dschibuti angekommen, könnte man dann aber nicht mehr zurück nach Äthiopien und somit nur noch verschiffen. Sollte der Verschiffungsagent die Lage mit der neuen hohen Verzollung ausnutzen, wird er horrende Preise für eine Verschiffung aufrufen.



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